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Markentag Stiegl

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Braukunst auf höchster Stufe

Am herrlich sonnigen Juli-Morgen begrüßte Dr. Torsten Pedit, Head of Marketing, die MarkenTag-TeilnehmerInnen in der Stiegl Brauwelt und bot als erster von vier Stiegl-Experten überraschende und – auch für Markenverantwortliche ohne Getränkesortiment – tiefe, inspirierende Einblicke.  

“Markenführung hat nicht unbedingt etwas mit Marketing zu tun, immerhin hatte Stiegl die ersten paar hundert Jahre auch keine Marketingabteilung. Alle in unserem Unternehmen sind Markenbotschafter”

Was die 750 MitarbeiterInnen zuhause Familie und Nachbarn erzählen sei wichtiger als ein Facebook Posting oder ein Newsletter, deklarierte Dr. Pedit zum Start. Wenn sie Negatives über Stiegl kolportieren würden, könne das keine Marketingaktivität wieder gut machen. Deshalb stehen die MitarbeiterInnen für ihn an erster Stelle.

Die interne Ausbildung neuer KollegInnen im Marketingteam beispielsweise beginnt mit einer dreimonatigen Einschulungsphase: unterwegs mit dem Bierlieferanten am Lastwagen, im Schankservice mit Schraubenzieher in der Hand.

Der Vorteil: Die Marketingleute knüpfen von Beginn an ihr Netzwerk und lernen, die Kommunikationsrituale zu verstehen. So gibt es heute auch Spezialisten für die Gastronomie und andere für den Handel, früher war das ein und das selbe Team.

Bierfahrer als good guys & „slowing down“ in der Bierkutsche

Auch MitarbeiterInnen im Telefonverkauf, im Technikservice zur Montage von Schankanlagen und 200 Bierfahrer mit 120 LKWs bilden ein großes Team in der „Brauwelt“.

„Der Bierfahrer ist der wichtigste, weil der hat den persönlichsten Kundenkontakt, mehrmals die Woche. Dabei ist er beim Wirt „the good guy“, weil er nicht Preise verhandelt und immer wieder kommt – er weiß, wo der Schlüssel für den Keller im Gasthaus liegt und wo das Wechselgeld.“ In der Kommunikation hatte man früher die Bierfahrer aber vergessen, beteuerte Pedit. Bis der Bierfahrer in Entscheidungen einbezogen wurde, hatte man eher die Gastronomen befragt. Heute nehmen die Bierfahrer an den Logistikmeetings Teil und bringen die Informationen aus der Gastronomie direkt ein. Abseits dieser Meetings ist es für Manager aufwändiger, berichtete Pedit: „Wenn man den Bierfahrern zuhören will, dann muss man sie um 5h30 auf eine Leberkäsjause treffen. Wenn man eine Vertrauensbasis erarbeitet, dann kann man von den Leuten aber sehr viel erfahren.“ Ginge das nicht auch schriftlich? „Per E-Mail erreichen wir die Bierfahrer nicht und wollen das auch gar nicht, weil es nicht wertschätzend wäre. Sie sind unsere wichtigsten Botschafter, das wissen sie und deshalb werden sie auch über Kollektivvertrag bezahlt.“

Ungewöhnlich sind auch die Bierkutscherer in Lederhosen. Heinrich Dieter Kiener, der Eigentümer der Brauerei, wollte die Tradition der Bierlieferung per Pferd nicht beenden, sondern es sich weiter leisten, zwei Kutscher anzustellen, erklärte Pedit: „Es gibt in unserer Logistikflotte noch einige Kutschen mit Pferden, die wirklich regional liefern, bei Wind und Wetter. Die Kutscher tragen die alte Ledermontur. Weil das „slow down“ die Leute toll finden, haben wir darüber auch Filme gemacht. Wir verlosen unter KonsumentInnen, in der Kutsche mitzufahren – ganz einfache Sachen mit Wirkung.“

Nach 500 Jahren Tradition darf es „edgy“ werden

Die Gasthausbrauerei „Gstätten bei der Stiegen“ wurde 1492 im Salzburger Zentrum gegründet. Von dieser Stiege wurde der Markenname abgeleitet. Die Brauereifamilie Huemer, jetzt Kiener, hat diesen Markennamen nie in Frage gestellt. Auch das Bildlogo gab es ab 1493 bereits als Zunftschild und auch auf alten Wappen mit Insignien des Braumeisters mit Verzierungen – im Lauf der Zeit wurde es nur immer mehr vereinfacht.

In den letzten 500 Jahren hat sich die Marke natürlich entwickelt. Ihre DNA besteht aus Tradition und Kultur, deshalb war der Auftrag der letzten Jahre, sie moderner, jünger, sexier zu machen: „Auch aufgrund des dreißigjährigen statt sechzigjährigen Chefs“, ließ der Marketingchef Dr. Pedit einblicken. „Maibaumfeste und Lederhosen hat jede Brauerei, deshalb setzt Stiegl zum Beispiel auf Sponsoring des Life Balls, damals bewusst edgy und unkonventionell für die Landbevölkerung.

„Unsere Strategie ist Premium“

„Wenn man in den 50.000 Betrieben der österreichischen Gastronomie wachsen will, muss man anderen Marken etwas wegnehmen. Unsere Strategie ist Premium: Wir machen nicht bei jedem Blödsinn mit.“, bringt es Pedit auf den Punkt und erzählt von Insights aus der Beobachtung: „Irgendwann hab ich mich einmal in einem Supermarkt in eine Ecke gestellt und zugeschaut, wie die Leute Stiegl kaufen. Ein Typ hat zwei Mal 24 Dosen eines günstigeren Mitbewerbers um 39 Cent gekauft. Ich dachte, er ist sicher nicht Stiegl Konsument und habe ihn als Anti-Genuss-Mensch abgetan. Dann hat er ein Sechser-Tragerl Stiegl Goldbräu in sein Wagerl gestellt und ich war verwirrt, weil er ja für sechs Flaschen dasselbe zahlt wie für 24 Dosen. Er meinte, das billigere Bier sei für seine Fußballfreunde und das Stiegl Goldbräu für sich selbst.“

Marktanteil, Exportstrategie & Radler-Marktführer in Kanada

Stiegl produziert 1 Mio. Hekotoliter jährlich – also 300 Mio. Seiterl – die größte Brauerei der Welt in China ist im Vergleich 600 Mal so groß.

Die Top 3 Bierländer sind Tschechien, Deutschland, Österreich – wobei in Österreich verstärkt leichte Biere (Radler) und alkoholfreie Biere getrunken werden und Lager sowie Märzen sehr stabil im Absatz stehen. Der Hauptkonkurrent Heineken verzeichnet mit seinen Biermarken in Österreich einen Marktanteil von 65%, Stiegl kommt aktuell auf 16%.

Stiegls Exportanteil liegt bei 10% und es ist erst zehn Jahre her, dass eine Exportstrategie entwickelt wurde. Heute gibt es ein eigenes Team für die USA, Kanada, Italien, Slowenien, Schweden und „Verrücktheiten“ wie 20 Hotels in Sydney und 10 Lokale in Shanghai. „Wir streben 15% an – aber mit guter Wertschöpfung.“

Dass Stiegl mit seinem Radler in Kanada Marktführer wurde (man verkauft dort mehr Radler als in Österreich), lag keineswegs an einer disruptiven Strategie. „Wir gingen erst mit dem Goldbräu rüber und probierten dann den Radler. Der Erfolg ist uns ein bisschen zufällig passiert – weil die Einkäufer im sehr reglementierten Markt an leichtem Radler interessiert waren und wir der Erste dort waren.“, freute sich Dr. Pedit. Dass Budweiser den Grapefruit Radler nach fünf Jahren 1:1 kopierte, nimmt man bei Stiegl hin.Stiegl-Kreativbraumeister Markus Trinker führte die Brand Club Gruppe weiter durch die Brauwelt, in den Fassreifekeller (wo Spezialitäten verkostet werden) und das moderne Sudhaus.

Der erste Eindruck: Bei Stiegl bekommt das Bier die Zeit, die es braucht, Automatisierung ist aber längstens Standard. Dem Gault Millau Braumeister des Jahres geht es aber nicht nur um Prozesssteuerung voll automatisierter Anlagen wie bei anderen großen Brauereien. Der direkte Kontakt zu den Bauern ist Markus Trinker wichtig für die Qualität des Bieres: Der Rohstoff schwankt jährlich, aber das Bier sollte immer gleich schmecken. Die Herausforderung sei also die frühzeitige Abstimmung.

Stiegl mache die Vollmundigkeit aus, die hohe „Drinkability“, die Bitterkeit, beschrieb er sein Produkt: „Man geht leicht hinauf oder hinunter mit dem Hopfen – bedingt durch den Rohstoff. Aber Stiegl ist immer erkennbar.“