Das Stadtmarketing Bamberg wurde bereits mehrfach mit dem Stadtmarketing-Preis ausgezeichnet und Klaus Stieringer zum „Deutschen Kulturmanager des Jahres 2014“ gewählt. Dieser erklärte dem Brand Club eindrucksvoll während einer Tour durch Bamberg, wie man eine Weltkulturerbe-Stadt leitet und sie zur eventträchtigsten Stadt Deutschlands macht.
Wie wurde Bamberg als Kulturdestination attraktiv?
Man wollte zunächst eine anspruchsvolle und zahlkräftige Zielgruppe haben und ging sehr wissenschaftlich vor. Abseits der normal definierten Zielgruppen überlegte man sich genau, wen man in der Stadt haben wolle und wen nicht. Und versuchte herauszufinden, was diese Menschen bewegt und sie gern machen: „Welche Musik hört welche Zielgruppe? Der Lehrstuhl in Regensburg empfahl Jazz, um BesserverdienerInnen, AkademikerInnen, Menschen, die längere Anfahrtszeiten in Kauf nehmen, anzusprechen.“ Ein spannender Zugang, um Menschen zu targeten.
„Und so haben wir jetzt seit 13 Jahre ein großes Blues- und Jazzfestival, kostenlos dank der Sponsoren.“, freute sich Klaus. Tuborg bekam das Namensrecht für 150.000 Euro – und dennoch werden auch die lokalen Biere von den Gästen getrunken.
Das Veranstaltungsmanagement lenkt zu bestimmten Zeiten BesucherInnen in die Stadt, wodurch es auch kaum Ladenleerstände gibt. „Die PassantInnendichte ist bundesweit auf Platz 1 und das schuf eine Goldgräberstimmung“, führte Klaus aus: „Immobilienfonds wollen hier Geschäftslokale kaufen, es gibt mehr Anfragen als Angebot. „Nur die Mieten können nicht unendlich in die Höhe gehen, das kann sich kein Fachhandel leisten.“
Magnet und Übermarke
Deutschlands drittgrößtes Literaturfestival startete 2015 in Bamberg und AutorInnen, die auf Buchmessen wie in Leipzig und Köln lesen, kommen auch hier her. Gregor Gis, Martin Walser, Herta Müller sind Klaus Stieringers persönliche Empfehlungen. Und auch Kinder ermutigt er zum Lesen: „Eine Woche voller Samstage – SAMS“ kommt von einem Bamberger. Deshalb sollen Kinder hier gefördert werden, bei freiem Eintritt.
Auch damit wird der Wirtschaftsstandort Bamberg samt Landkreis mit 1 Mio. BesucherInnen angekurbelt.
UNESCO Weltkulturerbe als Magnet und Übermarke
Die Auszeichnung hat Bamberg seit 1993 und kommuniziert diese als zentrales Alleinstellungsmerkmal unter den Kulturtouristen. „All die anderen Merkmale wären ein zu großer Fundus an Argumenten“, argumentierte Klaus. Die „Faszination Weltkulturerbe“ ist der Slogan, der alle Veranstaltungen und Locations vereint.
Das Stadtmarketing bündelt, koordiniert und kommuniziert nach Außen erfolgreich, aber das Weltkulturerbe war damals „intern“ nicht so einfach unter den BambergerInnen zu etablieren:
Die strategische Neuorientierung
Diese strategische Neuorientierung des Stadtmarketings brachte auch Verluste: „Die Biertage gibt es deshalb heute nicht mehr. München hat das, und für die Menschen in der Stadt sind die vielen Betrunkenen problematisch.“
Aber es gibt kulinarische Veranstaltungen, Vorträge, die City-Checks (ehemals mit dem griffigen Titel „checks in the city“) als Gutscheinsystem von 512 Geschäften, um den kleinen Unternehmen mit extra Kaufkraft das Überleben zu sichern.
Imposante Sehenswürdigkeiten – als Markenzeichen der Stadt gesehen
Beim Spaziergang durch die Stadt fielen die vielen Spezialgeschäfte und die unzähligen Cafés und Gasthäuser auf. Das Mittagessen führte uns in die bodenständige und älteste Gastwirtschafts Bambergs, das Sternla, das die Speisekarte zelebriert, indem es sie in Fränkisch schreibt.
Nach einem deftigen Lunch brachte uns Klaus Stieringer zielstrebig durch die Bamberger Innenstadt, die aus Altstadt, Bergstadt und Gärtnerstadt besteht, wo das Obst und Gemüse nach wie vor angebaut und geerntet und am täglichen Obstmarkt verkauft werden. Die 70.000 EinwohnerInnen bestehen dank der 112 Uni-Einrichtungen aus 14.000 Studierenden. Das Stadtmarketing – ein eigenständiger Verein, getragen nicht von der Stadt, sondern der Kauflandschaft, scheint überaus erfolgreich zu agieren. Eine Passantin mit Einkaufstauschen schimpfte Richtung Klaus Stieringer – der nicht nur dieser Bambergerin bekannt ist – in Dialekt zu: „Diese Kreuzfahrtschiff-Touristen, ja das nimmt schon Überhand!“
Wir genossen unseren touristischen Rundgang und bewunderten das Rathaus als Sitz des Stadtrates mit Blick aufs Wasser, die Wappen der Patrizierfamilien, „Klein Venedig“, eine wunderschöne Ecke aus kleinen Häusern aus dem 15. Jahrhundert.
Die Bamberger Symphoniker, ein modernes Theater für 50 Millionen saniert, das internationale Künstlerhaus als Pendant zur römischen Villa Massimo (Stipendium für KünstlerInnen) geleitet von einer Poetry Slammerin, der Dom mit dem Bamberger Reiter (Wahrzeichen der Stadt), einem Kaiserpaar- und Papstgrab und einige der elf Brauereien (der Landkreis hat 76 Brauereien) – sie alle sind die unvergesslichen Sehenswürdigkeiten und Symbole einer starken Stadtmarke.
Über den Autor
Charlotte Hager gründete 2008 das Institut comrecon brand navigation (www.comrecon.com) – das Institut für Markenführung. Ziel und Bestreben war und ist es, Marken in ihrer Kommunikation erfolgreicher zu machen. Dafür ist es wichtig, menschliches (Kauf-) Verhalten zu kennen und dementsprechend die richtigen Botschaften in den richtigen Kanälen zu transportieren.
Sie bezeichnet es als „Parship für Marken“, denn „nur wer weiß, wie Menschen ticken und welche Motive, Bedürfnisse und Mängel sie haben, kann entsprechend darauf reagieren.“ Als Semiotikerin weiß sie, wie wichtig Symbole in der werblichen Kommunikation sind. Dazu hält sie Vorträge und Seminare, um Werbetreibende in Bezug auf die Macht der Zeichen und Symbole zu schulen.
Charlotte Hager ist studierte Kommunikationswissenschafterin und Ethnologin. Diverse Zusatzausbildungen wie Systemische Aufstellungen, LEGO® Serious Play®, Employer Branding und Profiling erweitern das analytisch-beratende Spektrum ihrer Tätigkeiten.
Zudem ist Sie Expert Member im Club 55, der European Community for Marketing and Sales (https://www.club55-experts.com).
Charlottes 3 wichtigste Anliegen im Brand Club:
- Marke zur Chefsache machen
- Tiefe Gespräche zu Markenführung und –Strategie
- Neue Formate und Begegnungszonen für einen gewinnbringenden Austausch schaffen