„Wenn man’s selbst nicht macht, macht’s wer anderer“
Der Brand Club Austria lud am 18. August 2020 zum Gespräch mit Top Winzer Michael Edlmoser und Wein-Autor Gerhard Heczko. Unter der Moderation von Charlotte Hager (Geschäftsführerin Brand Club), wurde im Rahmen einer Weinverkostung im Restaurant Schubert im ersten Wiener Gemeindebezirk besprochen, wie der Wiener g’mischte Satz „von einer Notlösung zu einem Aushängeschild wurde“, so Heczko.
Während Gerhard Hezcko für die grundsätzliche Bildung der Gäste zuständig war, ging es mit Michael Edlmoser ins Spezifische: Wie wurde der Wiener Gemischte Satz vom einfachen Schankwein zu einer Marke, die auch in Zukunft noch von sich hören lassen wird?
Vom alten Satz zum neuen Konzept
Ihren historischen Ursprung hatte die Idee des g’mischten Satzes im sogenannten alten Satz, bei dem mehrere Rebsorten in einem Weingarten angepflanzt wurden, da man sich nicht sicher war, für welche Rebsorte das Klima und der Boden am besten geeignet waren. Auf diese Weise konnte das Risiko der Winzer minimiert werden. Mit diesem, über Generationen aufgebauten Wissen im Gepäck, entstand ein Zusammenschluss eines Teiles der heute als WienWein bekannten Winzer: Christ, Edlmoser, Wieninger, Zahel. Während andere Weinanbaugebiete bekannt für eine bestimmte Rebsorte waren (beispielsweise Grüner Veltliner in Niederösterreich), fehlte in Wien so eine Visitenkarte bis dato. So überlegten sich die Winzer, was Wien als Weinstandort ausmacht: Es ist der Wiener Gemischte Satz. Die Qualität wurde über die Jahre akribisch gesteigert und es kommen nur noch erste Lagen in Frage. Es geht um Qualität, nicht Quantität. Und das macht den Wiener Gemischten Satz zu einer begehrten Marke: Vom Nussberg bis nach Manhattan. Denn international ist der Wein mittlerweile in der Top-Gastronomie gefragter als im Inland. Die WienWein Gruppe hat viele Jahre investoert, um das Image und damit die Marke „Wiener Gemischter Satz“ aufzubauen. „Erfolg ist Qualität plus Marke“, so Michael Edlmoser. Markenarbeit hat viel mit Disziplin und einer klaren Vision zu tun und manchmal eben auch mit einem Miteinander.
Branding à la carte
Es stellte sich die Frage, wie man den heterogenen Weinmarkt mit einem Brand erobern kann? Da Wien als Weinbaugebiet recht überschaubar ist und es deshalb schwer möglich ist, ein uniformes Produkt in großer Menge in den Handel zu bringen, war klar, dass es auch im Branding auf individuelle, hohe Qualität zu setzen gilt. Mit Wien als weltbekanntem Tourismusstandort, der auch kulinarisch einiges bietet, hatte man schon einen ersten Anker, an dem man einhaken konnte. Im Gründungsjahr von WienWein2006 begann man Veranstaltungen abzuhalten, den Wein durch die Welt zu tragen und eine Geschichte von Heritage, Einfallsreichtum und Handwerk zu erzählen. So konnte positive Berichterstattung generiert und sich ein Name gemacht werden, denn, „wenn man was erzählen kann, hören die Menschen zu“, ist Edlmoser überzeugt.
Natürlich brachte diese Erfolgsgeschichte auch Trittbrettfahrer auf den Plan, die es nicht unversucht ließen, den Schwung des Gemischten Satzes mitnehmen zu wollen und Produkte minderer Güte unter diesem Markennahmen zu vertreiben. Durch eifrige Lobbyarbeit konnte eine DAC Verordnung erwirkt werden, die diesen Versuchen einen Riegel vorschob. Mit einer echten Vision, Standhaftigkeit und Zusammenarbeit konnte das Fundament für eine funktionierende und hungrige Marke geschaffen werden.
Angeregter Austausch
Begleitet wurde der anregende Abend von Diskussionen über die Beharrlichkeit, die es braucht um eine qualitativ hochwertige Marke national und international zu positionieren, wie wichtig der Match zur richtigen „Wein-Zielgruppe“ dafür ist und über die Tatsache, dass oft der Prophet im eigenen Land wenig gilt. Letztere Phase hat der „Wiener Gemischte Satz“ hinter sich, „findet er doch nicht nur im Fachhandel, sondern mittlerweile auch besonders gern als Begleitwein in der Wiener Gastronomie immer stärkeren Absatz“, so Michael Edelmoser. In den Genuss einer kulinarischen Reise kamen die Gäste nicht nur durch die begleitende Weinverkostung verschiedenster aktueller edler Tropfen vom „Wiener Gemischten Satz“, sondern auch durch das hervorragende Catering des Restaurant Schubert.
Die besprochenen Weine des Abends:
Wiener Gemischter Satz DAC 2019, Weingut Cobenzl
Wiener Gemischter Satz DAC 2019 Maurerberg, Weingut Edlmoser
Wiener Gemischter Satz DAC 2019 Ried Mitterberg, Weingut Fuhrgassl-Huber
Wiener Gemischter Satz DAC 2018 Ried Preussen, Weingut Franz-Michael Mayer
Wiener Gemischter Satz DAC 2017 Ried Steinberg 1 ÖTW, Weingut Cobenzl
Wiener Gemischter Satz DAC 2017 Ried Himmel 1 ÖTW, Weingut Edlmoser
Wiener Gemischter Satz DAC 2018 Ried Rosengartel 1 ÖTW, Weingut Wieninger
Wiener Gemischter Satz DAC 2018 Ried Wiesthalen 1 ÖTW, Weingut Christ
Wiener Gemischter Satz DAC 2017 Ried Langteufel 1 ÖTW, Weingut Rotes Haus
Über den Autor
Charlotte Hager gründete 2008 das Institut comrecon brand navigation (www.comrecon.com) – das Institut für Markenführung. Ziel und Bestreben war und ist es, Marken in ihrer Kommunikation erfolgreicher zu machen. Dafür ist es wichtig, menschliches (Kauf-) Verhalten zu kennen und dementsprechend die richtigen Botschaften in den richtigen Kanälen zu transportieren.
Sie bezeichnet es als „Parship für Marken“, denn „nur wer weiß, wie Menschen ticken und welche Motive, Bedürfnisse und Mängel sie haben, kann entsprechend darauf reagieren.“ Als Semiotikerin weiß sie, wie wichtig Symbole in der werblichen Kommunikation sind. Dazu hält sie Vorträge und Seminare, um Werbetreibende in Bezug auf die Macht der Zeichen und Symbole zu schulen.
Charlotte Hager ist studierte Kommunikationswissenschafterin und Ethnologin. Diverse Zusatzausbildungen wie Systemische Aufstellungen, LEGO® Serious Play®, Employer Branding und Profiling erweitern das analytisch-beratende Spektrum ihrer Tätigkeiten.
Zudem ist Sie Expert Member im Club 55, der European Community for Marketing and Sales (https://www.club55-experts.com).
Charlottes 3 wichtigste Anliegen im Brand Club:
- Marke zur Chefsache machen
- Tiefe Gespräche zu Markenführung und –Strategie
- Neue Formate und Begegnungszonen für einen gewinnbringenden Austausch schaffen